Fehler. Scheitern. Falsch machen. Das sind Worte, die Autorinnen im Kopf haben, sobald das Schreiben mal nicht so läuft. Aber diese Begriffe werden völlig überschätzt und haben nix am Kreativ-Schreibtisch zu suchen!
Denn: Autorinnen können gar nicht scheitern! Warum? Weil es im kreativen Prozess keine „Fehler“ und kein „falsch“ gibt.
Es geht um Entdeckungen, Versuche und Entwicklungen.
Kreativ-Killer Nummer Eins: Der Rotstift!
Nichts hemmt Kreativität so sehr wie der Horror-Rotstift (ich korrigiere immer in schwarz, lila oder grün!).
Schon vergessen: Schreiben ein Prozess, der Erkundung und Mut erfordert und der nicht geradlinig verläuft. Ein Buch entsteht nicht in einem fehlerfreien und fusselfreien Labor.
Doch, wie wird man die verinnerlichten Lehrer:innen im eigenen Kopf los?
Hier ein paar Tipps, wie du eine neue Haltung zum kreativen Prozess entwickeln kannst und Fehler als das wertvolle Material erkennst, das sie wirklich sind.
Dieser Fehler ist falsch!
Falsch! Fehler! Nicht richtig! Mist gebaut!
Es klingt nach Schulzeit, Nachsitzen, Strafarbeit und schlechten Zäsuren.
Ein Fehler suggeriert, dass es nur den einen richtigen Weg gibt und dass alles, was davon abweicht, „falsch“ ist. In der Kreativität gibt es jedoch kein „richtig“ oder „falsch“ – es gibt nur das, was funktioniert, und das, was eben (noch) nicht funktioniert oder gerade nicht passt, irgendwie klemmt.
Wie wäre es, du verbannst den Fehler aus deinem kreativen Raum?
Du könntest ja ab sofort in der Kategorie "Experimentieren" denken. Ein Experiment – das klingt neugierig und forschend. Ein Experiment kann gelingen oder scheitern, ohne dass es negativ bewertet wird. Es ist ein Teil des kreativen Prozesses. Wenn du etwas schreibst und merkst, dass es nicht passt, dann war das eben ein Experiment.
Du hast ausprobiert, und jetzt weißt du, dass du in eine andere Richtung gehen solltest. Nichts verloren, viel gewonnen.
Gescheit gescheitert!
Scheitern hat einen schlechten Ruf, dabei bedeutet es im Kern nur, dass ein Plan nicht wie gewünscht aufgegangen ist.
Aber wer sagt, dass der ursprüngliche Plan der einzig richtige war? Oft bringen uns die Dinge, die schiefgehen, viel näher an die eigentliche Story, die wir erzählen wollen.
Scheitern ist also nichts anderes als eine Entdeckung – eine Art, herauszufinden, was nicht passt, und dann weiterzugehen.
Also: Nimm „Scheitern“ als ein Synonym für „Lernen“ oder „Erkenntnis“. Wenn eine Szene nicht funktioniert oder ein Charakter sich nicht entwickeln will – super! Du hast etwas erkannt. Du weißt nun, wie es nicht sein soll, und kannst es anders versuchen. Jeder dieser Schritte bringt dich näher ans Ziel.
Deine neue Messlatte
Oben, unten, kalt, heiß, schwarz, weiß, gut, böse, richtig, falsche. Boah, ist das langweilig! Dabei wissen wir doch alle, dass es soviel dazwischen gibt. Und vergessen es, ausgerechnet wenn wir kreativ sein wollen.
Kreatives Schreiben lässt sich nicht messen in diesen binären Kategorien. Was für andere falsch aussieht, kann in deiner Story völlig richtig sein – weil es deiner Wahrheit entspricht. Der Schreibprozess ist ein ständiges Austarieren und Abgleichen dessen, was sich für dich stimmig anfühlt.
„Richtig“ und „falsch“ loszulassen heißt, sich auf das eigene Urteil zu verlassen. Schaffe dir Raum, um zu experimentieren, dich selbst zu überraschen und auch mal etwas zu schreiben, was verrückt oder unlogisch klingt.
Lass (erstmal) die Meinung anderer weg und finde deine eigene Wahrheit. Im Schreiben zählt nicht das „richtige Ergebnis“; es zählt die Geschichte, die erzählt werden möchte. Die entscheidet, was reinkommt und was draußen bleibt oder nur durchs Fenster guckt.
Stretch statt Massanfertigung
Wenn wir vom Endprodukt besessen sind – dem perfekten Manuskript –, verlieren wir den Spaß am Prozess.
Der kreative Prozess ist wie eine Reise, bei der das Ziel klar ist, aber die Route variieren kann. Manchmal schreibt man eine halbe Seite, nur um am Ende festzustellen, dass alles wieder gelöscht wird. Aber hey, das ist der Weg, und kein einziger Buchstabe war verschwendet! Jeder hat zur Findung eines neues Weges beigetragen.
Diesen Prozess zu genießen, anstatt ihn als bloße „Arbeit zum perfekten Ziel“ zu sehen, nimmt viel Druck weg. Schreib frei und denk nicht an „Fehler“. Erlaube dir, wilde und verrückte Abzweigungen zu nehmen, auch wenn du am Ende zurückgehst. Genieße jeden Moment der Entdeckung.
Unvollkommen ist das neue perfekt!
Viele große Schriftstellerinnen haben oft über ihre Unvollkommenheit gesprochen. Über das Gefühl, dass das, was sie schreiben, nie genau dem entspricht, was sie im Kopf haben. Doch genau diese Unvollkommenheit ist es, die uns als Leserinnen berührt. Sie ist authentisch und lebendig.
Perfektionismus hingegen bringt oft eine Kälte und Starrheit ins Schreiben, die sich auf das Ergebnis überträgt.
Deine Unvollkommenheit, deine Unsicherheit und deine Versuche sind es, die das Schreiben spannend machen – nutze sie! Nimm sie als Teil des Prozesses an und hör auf, zu erwarten, dass alles „perfekt“ sein muss. Sonst wirst du nie etwas fertigschreiben.
Scheitern ist was für mutige Feiglinge!
Es gibt keinen Fehler im Schreiben, nur Möglichkeiten, Neues zu entdecken.
Autorinnen können nicht scheitern, weil das Schreiben ein unperfektes, lebendiges und sich ständig wandelndes Spiel ist. Wenn das keine gute Nachricht ist, oder? Fehler sind Teil des Spiels, und „Scheitern“ ist nur ein anderes Wort für „Erkenntnisgewinn“.
Also, schau dieser großen Angst vor Fehlern und Scheitern in die verquollenene Glubschaugen. Nenn es Experiment, Erkenntnis, Prozess oder einfach nur Spaß am Erschaffen. Am Ende wirst du sehen, dass der Weg selbst der größte Gewinn ist – nicht das fertige, „perfekte“ Werk.
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