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Bestseller-Listen – Wer steht drauf, wer liest´s und warum alle ein bisschen schwindeln

Es gibt Wörter, die in der Bücherwelt sofort Aufmerksamkeit bringen. „Bestseller“ ist definitiv eins davon. Bestseller! Das klingt nach Prestige, Geldregen, endlosen Lesetouren und natürlich: nach Qualität, oder? Doch, halt: dieses Label sagt nur etwas über Verkaufszahlen im Vergleich zu anderen Verkauszahlen.

 

Aber was bedeutet das eigentlich genau? Lassen wir mal den Nebel der Mythen lüften und schauen, was wirklich hinter den Bestseller-Listen steckt.

Welche Bestseller-Listen gibt’s überhaupt?

Die Bestseller-Landschaft ist vielfältig  – jede Liste hat ihre eigenen kleinen Tricks und Kniffe. Hier sind die bekanntesten:

 

1. Die Spiegel-Bestsellerliste

In Deutschland ist die Spiegel-Bestsellerliste das Nonplusultra der Listen. Wenn man’s hierhin geschafft hat, dann fliegen die Bücher quasi von allein von den Regalen in die Einkaufstaschen der Lesenden. Diese Liste basiert auf Verkaufszahlen, die über das Marktforschungsunternehmen Media Control erhoben werden. Wochenbestseller, Monatsbestseller – alles fein säuberlich unterteilt in Belletristik, Sachbuch, Taschenbuch und Co.

 

2. Amazon-Bestsellerliste

Sie ist gefürchtet und heiß umkämpft: die Amazon-Bestsellerliste. Das Besondere? Sie wird in Echtzeit aktualisiert. Wenn du für ein paar Stunden viele Verkäufe generierst, kannst du theoretisch Bestseller sein – für, sagen wir, den Samstagnachmittag zwischen 13 und 16 Uhr. Und manche Marketing-Strateginnen würden alles dafür tun. Dieser Besten-Platz hat aber nicht ganz die Strahlkraft wie die Spiegel-Liste und ein bisschen das Geschmäckle von "Prinzessin für einen Tag."

 

3. New York Times Bestsellerliste

In den USA ist die New York Times Bestsellerliste der Ritterschlag für jedes Buch. Sie ist in den Staaten so wichtig, dass Autor*innen manchmal ihre Bücher in eigenen Regionen heimlich aufkaufen, um das Ranking zu pushen - sagt man.  Ja, da wird getrickst und gezaubert – alles für den Platz auf der Liste. 

Ab wann ist ein Buch eigentlich ein Bestseller?

Hier kommt die große Überraschung: Es gibt keine festgelegte Verkaufszahl, die ein Buch offiziell zum Bestseller macht. Bestseller bedeutet schlichtweg, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt mehr verkauft wurde als andere Bücher in derselben Kategorie und Zeitspanne. Ein Buch kann also Bestseller werden, wenn es zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist und die Konkurrenz gerade ein Nickerchen macht. Wochen mit niedrigem Verkaufsaufkommen und cleveres Marketing wirken oft Wunder!

Tipp für Autor*innen: Manchmal kann es sich lohnen, das eigene Buch gezielt zu einer „ruhigeren“ Zeit herauszubringen – denn auch in der Bestseller-Liste geht’s oft um den Wettbewerb mit anderen Neuerscheinungen. Kein Harry-Potter-Band in Sicht? Die Chance für eine ruhige „Bestseller-Woche“!

Der Bestseller-Aufkleber: Segen oder Fluch für die Autor*innen?

Ein Platz auf der Bestsellerliste ist für die meisten Autorinnen eine magische Schwelle. Plötzlich winken Einladungen, Interviews, Lesungen. Die Verlage drücken mehr Exemplare, und die Leserinnen greifen bei „Bestseller“ schon aus Gewohnheit zu. Yeah! Yeah! Yeah! Alle wollen wir einen Bestseller schreiben!

 

Doch die Bestseller-Krone bringt nicht nur Vorteile:

 

1. Der Druck steigt

Wer einmal Bestseller war, steht unter Druck, es wieder zu schaffen. Denn Bestseller-Leser*innen sind treu, aber auch anspruchsvoll. Einmal oben auf der Liste? Gratulation! Aber wehe, das nächste Buch floppt. Willkommen im Bestseller-Fiebertraum.

 

2. Marketing schlägt Kreativität

Bestseller-Listen erziehen den Buchmarkt: Was einmal auf der Liste war, ist plötzlich DIE Messlatte für künftige Projekte. Also landet das x-te Buch mit dem Wort „Club“ im Titel auf dem Markt, weil der „Rosinenbrot-Club“ es halt vorgemacht hat. Innovation? Na ja, wird schwierig, wenn man einmal im Mainstream-Sog ist.

 

3. Alle Welt will reden

Hast du „Bestseller-Autorin“ im Titel, dann interessiert sich plötzlich jeder für dein Schaffen. Von Buchmessen bis Radiointerviews – der Titel zieht. Auch die Schwiegermutter, die seit deinem Berufswunsch Autorin besorgt das Gesicht verzog, klopft dir plötzlich anerkennend auf die Schulter. "Du hast es wirklich geschafft!" 

Ist „Bestseller“ ein Qualitätsmerkmal?

Hier ist die bittere Wahrheit: Ein Bestseller-Titel ist kein automatisches Qualitätsmerkmal. Bestseller bedeutet nicht unbedingt, dass das Buch gut ist – es bedeutet nur, dass es viele Menschen gekauft haben. Bestseller können hervorragend geschrieben sein, mit tiefgründigen Charakteren und einer fesselnden Story. Zum Glück! Sie können aber auch Bücher sein, die mit knalligem Cover, kurzem Hype und cleverem Marketing auf Platz eins gelandet sind. Vielleicht hat jeder zweite Käufer das Buch nach Kapitel zwei weggelegt – aber hey, verkauft ist verkauft!

Für wen ist das „Bestseller“-Label wichtig?

1. Für die Verlage:

Der Bestseller-Titel ist für Verlage ein echter Trumpf. Es verkauft sich einfach besser, wenn das Label „Bestseller“ draufpappt. Leser*innen greifen eher zu, die Buchhändler stellen es ins Schaufenster, und bei Buchhandlungen kommen gern gleich größere Mengen rein.

 

2. Für die Buchhändler*innen: Das Bestseller-Label hilft, Bücher schneller zu empfehlen. Es ist einfacher, Kund*innen ein „beliebtes“ Buch zu empfehlen als das unbekannte Indie-Buch, das die Verkäuferin insgeheim liebt.

 

3. Für die Leser*innen: Für viele ist „Bestseller“ tatsächlich ein Kriterium. Der Gedanke dahinter: So viele können sich nicht irren, oder? Bestseller versprechen Lesespaß und Popcorn-Feeling – wer nach echter Tiefe sucht, greift jedoch oft woanders hin.

 

4. Für die Autor*innen: Bestseller-Titel sind das „Ticket zum Erfolg“. Es öffnet Türen, bringt Interviews und bedeutet oft schlichtweg: Endlich finanziell von der eigenen Arbeit leben können.

Für wen das Bestseller-Label natürlich überhaupt nicht wichtig ist:

1. Für die Autor*innen selbst:

Eigentlich geht’s den Schreibenden ja nur um die Kunst und die innere Erfüllung. Das Label ist reiner Zufall. Der Erfolg? Pfft, Nebensache!

 

2. Für die Verlage: Ach, die könnten natürlich jederzeit auch Bücher drucken, die sich nicht verkaufen. Bestseller sind da eher ein lästiger Nebeneffekt, fast schon störend im kreativen Prozess der Titelplanung. Ja, ja, ja. 

 

3. Für die Leser*innen:

Die greifen das Buch natürlich rein zufällig aus dem Regal. Das Bestseller-Logo? Nicht mal bemerkt. War sicher nur das wunderschöne Buchcover und der vielsagende Titel „Tod in der Nebelnacht am See“ – Bestseller? Echt? Na sowas! Gar nicht gemerkt. 

 

4. Für Buchhändler*innen:

Die haben Bestseller nur aus purem Altruismus gestapelt. Es geht ihnen lediglich um die Leseförderung, nicht etwa um verkaufsstarke Empfehlungen oder die Tatsache, dass Bestseller automatisch Leser*innen anziehen. Nö. Umsatz wird überbewertet. 

 

5. Für Buchpreisrichter*innen:

Der Bestseller-Titel hat gar keinen Einfluss auf die Preisvergabe. Nur die Story zählt, nur die Tiefe, nur die Poesie. Verkaufszahlen? Die kennt hier doch niemand!

 

6. Für die Schwiegermutter:

Ach, die wusste doch von Anfang an, dass der Schreibberuf genau das Richtige ist. Der Bestseller ist reiner Zufall, dass es jetzt klappt, hätte sie aber immer geahnt. (Na ja, fast immer.)

 

7. Für die Talk-Show-Redakteurinnen:

Die laden Autoren und Autorinnen wegen ihrer wundervollen Werke ein, nicht etwa, weil die Verlags-Marketing-Strategie eine Werbe-Tour durch die Gemeinde ganz oben auf der Liste aufweist. Reiner Zufall ist das.

 

8. Für das Literatur-Nobelpreis-Komitee: 

Die Literatur-Göttinnen und -Götter lassen sich doch nicht vom schnöden Mammon beeinflussen! Wenn es bei dir zum Bestseller nicht reicht, dann vielleicht ja zum Literatur-Nobelpreis. Einfach hinter dem Zeit Feuilleton direkt rechts abbiegen. 

Fazit: Bestseller? Ja, wenn´s sein muss, kleb das Ding auf´s Cover.

Die Bestseller-Liste ist ein bisschen wie der rote Teppich in der Bücherwelt: Viele stehen drauf, manche kommen nie ran, und ein paar sind sich gar nicht sicher, wie sie da gelandet sind.

 

Die Liste entsteht durch Verkauf und verkauft gleichzeitig, sie beeindruckt und sie zieht an – ob sie dabei für Qualität steht, sei dahingestellt.

 

Bestseller sind toll, keine Frage. Aber besser du kümmerst dich erstmal um deine Storys, deinen Stil und deine Figuren ... und vielleicht später um den Aufkleber. 😫

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